Geothermie entpuppt sich als italienischer Exportschlager. Enel trägt die Technologie in die Welt. In Stillwater im US-Bundesstaat Nevada hat der Staatskonzern das erste Hybridkraftwerk der Welt gebaut, das Erdwärme und Solarenergie nutzt. In der Atacamawüste in Chile ziehen die Italiener momentan das erste Geothermieprojekt Südamerikas hoch. Bis zu 30 weitere Unternehmen treiben in Italien 60 bis 70 Projekte voran. Nicht nur in der Toskana, sondern auch in anderen Regionen wie Latium, Umbrien und Sizilien, sagt Stefano Boco, Präsident von Rete Geotermica.
In dem Verband haben sich EnelHerausforderer wie Graziella Green Power, Tosco Geo, Magma oder Sorgenia formiert. “Unsere Mitglieder haben sich das Ziel gesetzt, zehn Prozent des Energiebedarfs in Italien über Erdwärme abzudecken. Mit modernster, umweltfreundlicher Energie. In zehn Jahren ist das möglich.”
Bürgermeister Martignoni freut sich schon auf Besuch aus Bayern. “Sie sind herzlich nach Larderello eingeladen. Wir zeigen ihnen gerne, wie sie die Geothermie nutzen können. Bei uns können sie schon einmal anwärmen.”
Allerdings dürfte es wohl auch dem italienischen Investor ganz warm ums Herz geworden sein, als er sich die Förderbedingungen in Deutschland anschaute: Hierzulande wird nach dem Erneuerbare Energiengesetz (EEG) für Strom aus Geothermie-Anlagen 25,2 Cent pro Kilowattstunde bezahlt, 20 Jahre lang. Das macht den Erdwärmestrom zur am höchsten vergüteten Ökostromsorte, noch vor Offshore-Wind und Solarstrom.
Anders als bei Solar- und Windkraft hat die Bundesregierung hier auch noch keine mengenmäßige Ausbaugrenze eingezogen, einfach weil Geothermie bislang nur unmerklich zur Stromversorgung beiträgt. “Die Technik genießt hierzulande noch eine Art Welpenschutz”, heißt es bei Branchenbeobachtern.
In der deutschen Geothermieszene herrscht denn auch Aufbruchstimmung. “Von der Politik wird die Rolle der Geothermie wegen ihrer Grundlastfähigkeit, Steuer- und Regelbarkeit zunehmend anerkannt”, sagt Josef Daldrup, Vorstandsvorsitzender des Bohrtechnik- und Geothermiespezialisten Daldrup und Söhne im münsterländischen Ascheberg.
“Der Markt für tiefe Geothermiebohr- und Kraftwerksprojekte hat sich im Verlauf des ersten Halbjahres 2015 zusehends aufgehellt.” Das Daldrup-Kraftwerk in Taufkirchen, das bereits Fernwärme ins Netz einspeist, soll spätestens im März auch Elektrizität liefern. “Geothermie ist dezentral und erfordert keinen kostspieligen Netzausbau, ist eine unerschöpfliche und kostenlose Ressource, ist uneingeschränkt grundlastfähig und weist eine hervorragende CO2-Bilanz auf”, wirbt Konzernchef Josef Daldrup: “Damit erbringt Geothermie eine wichtige Systemdienstleistung und kann in absehbarer Zeit wirtschaftlich ohne Subventionen betrieben werden.”
Analyst – Azra Karamovic
Quelle – www.well.de