Gerade erst ist ein Plan für die Finanzierung des Atomausstiegs erarbeitet, nun gibt es bereits erste Pläne für den Ausstieg aus der Kohlekraft. Zumindest wenn es nach dem Willen des Bundesumweltministeriums geht. Dieses strebt bis zum Jahr 2030 “eine Halbierung der Emissionen der Stromerzeugung” gegenüber 2014 an, heißt es in einem Entwurf für den sogenannten Klimaschutzplan 2050.
Im Klartext würde das bedeuten, dass in den kommenden anderthalb Jahrzehnten eine Reihe von Kohlekraftwerken vom Netz gehen müsste. Denn diese stoßen im Energiesektor mit Abstand am meisten CO2 aus. Der komplette Ausstieg aus der Kohleverstromung müsse “deutlich vor 2050” gelingen, heißt es denn auch in dem Entwurf.
Um Härten für die Zehntausenden Beschäftigten in der Kohleindustrie zu verhindern, will das Umweltministerium eine Art Nachfolgegremium für die Atomkommission einberufen, die vergangene Woche ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte. Das neue Gremium soll Kommission für Klimaschutz und Vollendung der Energiewende heißen und bis Mitte 2017 Vorschläge erarbeiten, wie der Teilausstieg aus der Kohlekraft sozialverträglich gestaltet werden kann.
Strukturbrüche, insbesondere in den Braunkohlerevieren in Nordrhein-Westfalen, in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier sollen vermieden werden, heißt es im Entwurf für den Klimaschutzplan. Für die betroffenen Regionen sollen neue industriepolitische Perspektiven entwickelt werden.
Gleichzeitig müsse sichergestellt werden, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schnell genug vorangehe, schreibt das Umweltministerium. Der Anteil der Ökostromerzeugung am Verbrauch solle bis 2030 auf rund 60 Prozent gesteigert werden. Insbesondere im zuletzt schwächelnden Solarsektor seien dafür Korrekturen nötig. Die Energieeffizienz soll deutlich gesteigert werden, der Bruttostromverbrauch der Bundesrepublik bis 2030 um 15 bis 20 Prozent sinken.
Ein Sprecher des Umweltministeriums teilte auf Anfrage mit, dass das vorliegende Papier noch nicht von Ministerin Barbara Hendricks (SPD) abgesegnet sei. Die interne Hausabstimmung im Umweltministerium scheint indes weitgehend abgeschlossen zu sein. So finden sich im Entwurf Anmerkungen aus dem Bau- und Stadtentwicklungsressort. Gerade dieses habe sich in den vergangenen Wochen öfter quergestellt, sagen Insider.
In der Opposition begrüßt man die Pläne des Umweltministeriums, ist jedoch skeptisch, inwieweit sich Ministerin Hendricks mit ihren Plänen bei der Abstimmung mit anderen Ministern durchsetzen kann. Hendricks werde “ohne Zweifel auf harten Gegenwind stoßen”, sagt Eva Bulling-Schröter, die Klima- und Energieexpertin der Linken. “Der Klimaschutzplan 2050 ist darum der Lackmustest, wie ernst Merkel und Gabriel es mit dem Pariser Klimaabkommen wirklich meinen.”
Den aktuellen Planungen der Bundesregierung zufolge soll der Klimaschutzplan spätestens am 29. Juni vom Kabinett verabschiedet werden.
Analyst – Azra Karamovic
Quelle – www.spiegel.de