Mit wenig sind die Grünen im Wahlkampf so vorgeprescht wie mit dem Kohleausstieg. Schon bis 2020, so forderten sie, müssten die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Ein Kohleausstiegsgesetz soll dafür sorgen, dass bis 2030 kein Strom mehr aus Kohle gewonnen wird. Für die Grünen geht es bei dem Thema um Prinzipien und Glaubwürdigkeit.
Um Prinzipien geht es auch der FDP: um Marktprinzipien. Energiepolitik, so hatten die Liberalen im Wahlkampf gefordert, dürfe “nicht zur Verbotspolitik” werden. Staatliche Gängelung – ein verordneter Kohleausstieg ist aus Sicht der FDP nichts anderes. Lieber würde sich die Partei auf Europas Emissionshandel verlassen. Er zwingt die Kraftwerksbetreiber, für jede Tonne Kohlendioxid ein Zertifikat vorzuweisen. Weil die Menge der Zertifikate begrenzt ist, bildet sich ein Preis – der dann den Einsatz von Kohle verteuert. Allerdings liegt der Emissionshandel seit mehreren Jahren auf der Intensivstation: Der Aufpreis für Klimaverschmutzung ist marginal, die Wirkung nahe null. Die Wiederbelebung ist bisher nicht gelungen.
Der Druck zur Einigung ist groß, auch für die Kanzlerin. Angela Merkel hat ihr eigenes Klimaziel im Nacken, ausgerufen 2009 von einer schwarz-gelben Koalition: Bis 2020 sollen die klimaschädlichen Emissionen um 40 Prozent unter den Wert von 1990 gefallen sein. Doch drei Jahre vor dem Stichtag fehlen mehr als zehn Prozentpunkte zum Ziel. Und seit dem Wahlkampf steht Merkel im Wort: “Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten”, hatte sie bei einer der Wahlarenen einer Teilnehmerin geantwortet. “Das verspreche ich Ihnen.”
Über allem aber schwebt eine große Gemeinsamkeit: Alle bekennen sich zum Klimavertrag von Paris. “Darin steckt eine große Chance zum Aufbruch”, sagt Energieexpertin Kemfert. “Diese Koalition könnte für die Energiewende eine Menge frischen Wind bringen.” Wenn sie denn einig wird, auch jenseits diverser Prinzipien.
Geschrieben von – Sanjin Mark Lucic
Quelle – www.sueddeutsche.de